Liebe Alle
Ich musste mich heute für einen Moment zurückziehen - es ist alles recht emotional für mich….
Sitze aktuell in den Reisfeldern unweit Surats Haus…..
Gestern sind Surat und ich nach zwei mehrstündigen Busfahrten und einem 2-stündigen Fussmarsch gegen 19 Uhr bei seiner Familie angekommen. Die Reise ab Kathmandu dauerte fast 12 Stunden und führte mich in einen kleinen Ort im District DHADING, nordwestlich von Kathmandu.
Herzlich wurde ich empfangen von Surats Frau, Eltern und Schwestern - sie sind alle etwas scheu und bedauern, mir nicht mehr „bieten“ zu können; sprechen kein oder wenig Englisch.
Mehr bieten?? …. Ich habe das „Gästezimmer“ bekommen. Ein Raum mit Naturboden, Wände und einer Holzstamm-Decke. Eine Holzpritsche als Bett mit einer Reismatte, einer dünnen Matratze sowie kuscheliges Duvet und Kissen. Aus der Holzstamm-Decke fällt immer wieder Schmutz auf mein Bett - was brauche ich mehr??? Vor der Fensteröffnung ist die Ziege „festgebunden“.
Die Familie lebt auch so! Es ist eine Art Camping – einfach nicht im Zelt.
Gekocht muss mit Holz werden, das auch nicht üppig wächst und im Prinzip vom Staat geschützt ist. Die Feuerstelle befindet sich im Hof draussen, da im Haus noch keine Küche gebaut werden konnte.
Gas ist auch keines mehr verfügbar; die politische Blockade der Grenze zu Indien lässt weder Gas, noch Benzin oder Diesel ins Land.
Das neue Haus steht im Rohbau, viel Wellblech verwendet, das günstig sei. So ist erst mal ein Dach über dem Kopf entstanden. Einzig das WC-Häuschen ist recht gut gemauert.
Es ist noch lange kein „Haus“! Es fehlen Fenster und Küche – aber auch Möbel und Geschirr. ALLES verloren – was blieb ist ein Schrank und der muss für Alle dienen!
Wände fehlen auch noch, geschweige denn der Innenausbau!
ES GIBT NOCH SEHR VIEL ZU TUN!!
Es gibt nur eine einzige Wasserquelle für den ganzen Bedarf von 16 Familien, für einen Tourist aus der Schweiz und für das im Ort verbliebene Vieh.
Die Menschen hier beeindrucken mich sehr, mit welcher Würde und Selbstachtung sie in dieser Situation leben!
Morgen, 1. November, wird der Rohbau gesegnet. Möge der Segen helfen und tragend stützen!!
Heute habe ich auch die Ruine des alten Hauses gesehen … ein Unterschied, ob man das im Fernsehen sieht oder real an der Stelle steht!!!!
TAUSEND DANK allen bisherigen Spenderinnen und Spendern - emotional auch dieser Teil der Geschichte: zu sehen wer mich virtuell begleitet, wer unterstützt - das berührt mich heftig!! Unter den Spendern sind auch Leute, von denen ich weiss, dass sie persönlich „auch eng“ drin sind - DANKE!
Surat ist dankbar irritiert, dass in der Schweiz und andernorts Menschen für seine Familie spenden. Es bricht kein Jubel aus, wenn ich ihm sage, dass erste Spenden zugesichert wurden - es entsteht Stille. Eine Stille der Dankbarkeit!!!
Das Geld kann die Familie brauchen: Ein Handwerker kostet um die 15 Franken im Tag – und EIN Handwerker alleine baut kein Haus….!
Zement wird mit den blossen Füssen gestampft; mit blossen Händen Steine in der Ruine des alten Hauses ausgegraben und zum Neubau getragen.
DAS LEBEN SCHREIBT HIER NICHT AUF PAPIER!!!
Wahnsinn - ich sitze in den Reisfeldern, schaue über eine WUNDERVOLLE Landschaft - nie würde man erwarten, dass HIER so viel Schaden entstanden ist …
Gleichzeitig habe ich über meine NEPAL-Sim-Karte Verbindung mit der Welt, mit der Heimat - welch ein heftiger Gegensatz!
Liebe Leserinnen und Leser: ich kann Eure E-Mail’s im Moment nur lesen, aber nicht beantworten.
Es geht mir gut, ich bin BESTENS AUFGEHOBEN und werde fürsorglich umsorgt!
Eindrücklich was ich erleben darf - ich wollte eigentlich nur trekken und dann wieder weiter …
Grüsse herzlich dankbar und nachdenklich in die Welt hinaus Patrik Kirtap
Für Patrik sein Pa
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Susanne Nick (Samstag, 31 Oktober 2015 19:25)
Lieber Patrik
Ich bin tief beeindruckt über deine Schilderungen. Was jammern wir hier in der "Zivilisation" über Nichtigkeiten! Wir würden gut daran tun, dankbar zu sein für unser Glück, hier in Europa leben zu dürfen. Etwas mehr Bescheidenheit würde auch unser Dasein bereichern. Danke, dass ich durch deine Berichte weiterhin dabei sein darf.
Liebe Grüsse
Susanne