Liebe Alle
Unerwartet bin ich bereits in Kathmandu zurück.
Surat musste gestern und auf Drängen seiner Agentur früher nach Kathmandu, als uns lieb war... Aber es ist nun mal, wie es ist!
Heute Morgen um 05.00 Uhr Lokalzeit ist er bereits in Richtung Mount Everest Base Camp abgeflogen, wo er Gäste während eines 12-Tages-Trekkings betreuen wird.
Das ist der "Nachteil", wenn Surat in der Trekkingsaison Arbeit bekommt - er verdient damit aber auch einen wesentlichen Teil des Lebens der Familie. Und das ist dann wiederum ein entscheidender "Vorteil", wenn er Arbeit bekommt. Alles hat eben auch in Nepal mindestens zwei Seiten.
Ich hätte noch länger bei der Familie bleiben können - Monate, wollten sie mich noch beherbergen... Surats Vater wollte mich in einigen Tagen nach Kathmandu oder wenigstens bis nach Dhading zum Bus nach Kathmandu bringen, damit ich meinen Heimflug rechtzeitig erreiche und doch möglichst lange bei der Familie hätte bleiben können. Doch das hätte ihn - in dieser arbeitsintensiven Zeit der Reisernte und der Vorbereitung der Felder für den Gemüseanbau - ein bis zwei Tage Feldarbeit gekostet. Und das wollte ich nicht. Darum bin ich gestern mit Surat nach Kathmandu gereist. Nun habe ich noch einige Tage Zeit für mich in Kathmandu. Und das ist "grad gut so"!
Die Tage bei Surat und seiner Familie waren geprägt durch das Kommen-und-Gehen der Familienmitglieder. Das stand alles im Zusammenhang mit dem Tod des Grossvaters vor guten zwei Wochen (dazu später mehr).
Surats Frau Shiwani habe ich zu fotografieren verpasst. Sie reiste auch noch zu ihrer Familie, um sich von ihrem Vater zu verabschieden (siehe Blog unten). Es geht aber allen Familienmitgliedern gut. Sulav, Surats Neffe ist nun 2jährig und ein aufgeweckter Junge, der viele Flausen im Kopf hat... Ich habe mich darüber - ganz im Gegensatz zu seiner Mutter - sehr gefreut und amüsiert...
Das Wiedersehen mit Surat und seiner Familie war bewegend, sehr bewegend. Für mich - wie für sie. Wichtig für uns gegenseitig war dieses Treffen auch, um gegenseitig zu realisieren, dass es keine "Sternschnuppenaktion" war, die letztes Jahr stattgefunden hat - es ist mehr entstanden. Freundschaft - erweiterte Familie. Das trägt - trotz Sprachbarriere. Ich komme auch 2017 zurück. Ob ich bis dahin Nepali lernen kann?
Pa hat daheim aus meinen SMS einen Blogeintrag "geschustert", wie er es nennt. Den veröffentliche ich Euch nachstehend sehr gerne. Vor meiner Abreise aus Kathmandu versuche ich Euch dann noch präziser zu berichten: Vom Schwester-Bruder-Festival in der Familie von Ganesh, den ich vor meiner Abreise auch nochmals treffen werde. Und natürlich vom Besuch bei Surats Familie., dem Haus der Familie, der Reisernte, dem unglaublich harten Leben, welches die Familie fristet - sie arbeiten den ganzen Tag körperlich und sichern sich so gerade das Überleben - und sind damit in ihrer kleinen Welt zufrieden. Surats Vater - 52jährig - war z.B. in seinem Leben erst 4 oder 5x in Kathmandu...
Ich brauche aber nun zuerst noch etwas Zeit für mich, um das Erlebte setzen zu lassen!
Nachstehend aber vorerst mal den Blogeintrag meines Vaters - angereichert mit ersten Bildern von Surats Familie.
DANKE PA!!
Herzlich und erfüllt aus Kathmandu!
Patrik Kirtap
Zwischen – Bericht
Von Pa aus den vielen SMS „zusammen geschustert“ / Fotos folgen bald
2.11.2016
Treff mit Surat in Katmandu
Anschliessend von Katmandu 4 anstrengende Stunden unterwegs nach Dhading – und in einem 2-ten VOLLEN Bus für eine weitere Stunde weiter ins Landesinnere gereist. Nach einem kurzen Fussmarsch die Schwiegereltern aufgesucht für die Übernachtung: HUCH – EINFACHSTENS!!! Ärmlich, leben auf der Baustelle nach dem Erdbeben...
Surat wollte seinen Schwiegervater nochmals sehen. Dieser verreist nämlich in den nächsten Tagen nach Indien, wo er arbeitet. Er wird erst in einem Jahr wieder nach Nepal zu seiner Familie kommen können... Bis dahin ist die Mutter mit ihren drei jüngsten Töchtern, der über 80jährigen Grossmutter, den Reisfeldern und der Baustelle alleine...
3.11.2016
Eintreffen bei Surats Familie
Nach einer weiteren anstrengenden Busfahrt und anschliessendem Fussmarsch von 2 Stunden das Zuhause von Surat erreicht, wo ich traditionell und richtig herzlich empfangen werde von Surats Frau und Mutter - nicht nur mit einem, sondern mit 2 Blumenkränzen. Welche Freude – gegenseitig. Welch’ bewegender Moment.
Bin bestens „zwäg“.
Das Haus hat auch Fortschritte gemacht.
Eine erfrischende Dusche im Reisfeld an der Wasserstelle. Bin angekommen im nepalischen „Daheim“!
4.11.2016
Hallo Welt!
Hier alles bestens, ausser dass ich NIX machen darf.
Schon wenn ich Wasser hole – was ich durchaus kann! - löst das bei Surat und Familie die Reaktion aus: No! RELAX!
WWW-Verbindung bekomme ich trotz Nepal-SIM-Karte mit Datavolumen nur sehr unzuverlässig - daher per SMS.
Surat und Familie erwarten, dass ich bald einmal gemeinsam mit meinem Pa hier erscheine; im Frühling oder Herbst 2017. Schöne Aussichten!!!
Die Familie hat dieses Jahr eine gute Reisernte, die in vollem Gange und eine SEHR staubige Angelegenheit ist. Der immense Staub löst bei mir eine „wunderbare“ Heuschnupfenreaktion aus... Ich bin halt doch ein Stadtmensch...
Vor einem Jahr wurde der Stall bis zu meiner Abreise fast fertig wieder aufgebaut.
Heute stehen darin 2 Ochsen; SEHR WICHTIG für die Feldarbeit!
Ebenso steht da eine trächtige Kuh und 3 Ziegen - 1 davon hat vor einer Woche 1 Böcklein zur Welt gebracht – die beiden anderen sollten dieser Tage auch werfen.
Das Haus hat auch gute Fortschritte gemacht.
Ich bin beeindruckt, was die Familie nebst der Feldarbeit (alles ohne eine einzige Maschinen!!) alles geleistet hat.
Der Garten konnte noch nicht erneuert / angelegt werden, muss noch warten.
Die Beschaffung eines Büffel-Muttertiers mit Kalb steht auch noch an.
Dazu muss aber der Stall angebaut werden.
Die Familie ging sparsam mit dem gespendeten Geld um und hat weiterhin Materialien des alten Hauses eingesetzt.
Zudem war die Beschaffung der Materialien lange Zeit schwierig und wird es auch zukünftig bleiben (Verfügbarkeit/Transport).
Ein Problem gilt es beim Haus noch zu lösen: Feuchtigkeit durchdringt die rückseitige Mauer vom Garten her. Doch der Plan zur Behebung vor der Regenzeit besteht und kann umgesetzt werden.
Die Familie scheint mir entspannter und solider im - aus meiner Sicht - nach wie vor harten Leben einer Reisbauernfamilie zu stehen.
Sie hat auch Perspektiven und Pläne für die weiterführende Ausbildung der jüngsten Tochter entwickelt. Dazu später mehr!
Mein Empfang war SEHR herzlich und ich bin tief bewegt darüber, was dank der Unterstützung der Spenderinnen und Spender hier ganz konkret und nachhaltig möglich geworden ist. D A N K E !!
Ich schaue über das Tal hinaus: Links der Manaslu „Berg der Seele“, mit seinen 8136 Metern über Meer für mich riesig – und doch „nur“ der achthöchste Berg der Welt, dafür ein wichtiger und heiliger Berg.
Rechts der Ganesh Himal – sein höchster Gipfel ist mit etwas über 7000 Meter über Meer für mich noch immer eindrücklich hoch. Aber kein 8tausender mehr. Also in Nepal fast nur noch ein „Hügel“....
Ich stehe da, schaue also über das Tal hinaus. Emotionen überkommen mich. Ein Gedanke schiesst mir durch den Kopf: Patrik, da hast Du vor einem Jahr was ECHT GUTES lanciert!
Die Regierung hat bisher nur lächerliche Beträge ausbezahlt - 150.00 US-Dollars maximal pro Familie.
In den Nepal News wurde zudem berichtet, dass die Regierung Reis vernichten musste, der kurz nach dem Beben von Bangladesch gespendet wurde. Statt zu verteilen wurde dieser eingelagert bis er ungeniessbar wurde….
Korruption und die Abhängigkeit Nepals von Indien befruchten sich gegenseitig sehr zum Nachteil Nepals….
Surat war am Mittwoch, 3.11.2016, völlig entnervt, weil wir für eine Distanz von
80 KM mit dem völlig überfüllten ÖV-Bus einen ganzen Tag brauchten. Er meinte dazu:
In einem Europäischen Land braucht man dafür sicher keine 2 Stunden, da sei er sich sicher….
Nachdenklich wurde er, als ich ihm sagte, dass Zürich – Bern per Zug in 58 Minuten gemacht werde – und das sind doch mindestens 100 Km…
Dann meinte er: Ja Nepal kommt nicht vom Fleck, die Korruption….
Die Bevölkerung habe das böse Spiel längst durchschaut, sehe sich aber hilf- und machtlos. What to do???
Es gebe Stimmen, die sich den König zurück wünschten; denn unter dem König habe sich nur 1 Familie bereichert – nun bereicherten sich die Familien aller Parlamentsmitglieder! Das Parlament zählt 601 Mitglieder – man rechne….
Daher: unsere direkte Hilfe kam an und kommt weiterhin an!!! Dankbarkeit erfüllt mich darüber. Freude, wieder hier zu sein. Und ich realisiere wiederum einmal mehr, wie GUT wir es in Westeuropa, in der Schweiz haben – und wie wichtig die Unterstützung durch die Spenderinnen und Spender hier vor Ort war und bleibt...!
Herzlich Patrik
** Für meine nicht CH-Leserinnen und Leser: Ballenberg ist ein Freilichtmuseum in der Schweiz. Dort werden alte Häuser und altes Brauchtum in musealer Umgebung lebendig gehalten. Hier bei Surats Familie ist das aber alles PURE UND GELEBTE REALITÄT!
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